Am 15. Oktober 2014 wirkt das Zafraan Ensemble bei einer Veranstaltung der Akademie Musiktheater Heute in der Oper Frankfurt mit und präsentiert dabei erste Ergebnisse der Zusammenarbeit mit aktuellen Stipendiaten.
Als Schlussakkord und zugleich Auftakt eines neuen Akademiejahres erwartet das Publikum beim diesjährigen Festakt am Mittwoch, 15. Oktober, um 19.30 Uhr im Holzfoyer der Oper Frankfurt ein Abend unter dem Motto »Vereisung-Trauma-Erinnerung«. Die scheidenden Stipendiaten (2012-2014) der von der Deutsche Bank Stiftung initiierten Akademie Musiktheater Heute zeigen Skizzen zu »Tonguecat«, inspiriert von Peter Verhelsts gleichnamigem Roman. Gleichzeitig werden die neuen Stipendiaten (2014-2016) feierlich in die Akademie aufgenommen.
Die Akademie Musiktheater Heute lädt gemeinsam mit dem Produktionsteam, dem Zafraan Ensemble aus Berlin, der Mezzosopranistin Ricarda Gross und der Performerin Liz Waterhouse ins Holzfoyer der Oper Frankfurt zum sinnlichen Erleben ein. Ausgehend vom Roman des 1962 geborenen flämischen Autors haben die jungen Musiktheaterschaffenden ein Konzept entwickelt, das nicht nur die Ohren und Augen des Publikums anspricht, sondern den Inhalt physisch erfahrbar macht. Der Abend wird bereichert durch einen wissenschaftlichen Beitrag. Als Referent konnte Heinrich Graf von Reventlow, Diplom-Psychologe und Leiter der Beratung und Therapie für Flüchtlinge des evangelischen Zentrums für Beratung und Therapie am Weissen Stein in Frankfurt, gewonnen werden, um über das Thema »Traumatisierung« zu sprechen.
Der Fokus in dieser Interpretation von »Tonguecat« liegt auf dem titelgebenden Charakter, ein Mädchen namens Ulrike – genannt Tonguecat. Verschiedene Stationen ihres Lebens werden verfolgt: die Ermordung der Eltern und die Auslöschung ihrer Heimat durch den barbarischen Titan lapetos und seine Männer; ihren Rachemord an lapetos bis hin zum Ausverkauf Ihrer selbst. Die Menschen in der Geschichte leben in einer Eiszeit. Sie sind paralysiert und auch innerlich erfroren, gar unfähig Emotionen zu empfinden oder sich daran zu erinnern. Neben dem sehr intimen, privaten Aspekt der Figur Ulrike wird der scheinbar unüberwindliche Kreislauf der Traumatisierung und des Verschiebens von Täter-Opfer-Relationen thematisiert. Es ist eine sehr aktuelle Parabel über größere Weltereignisse wie beispielsweise den Gaza-Konflikt, wo längst die Grenzen zwischen Tätern und Opfern verschwommen sind und beide Parteien sich immer tiefer in den Abgrund stürzen, weil sie nicht ausbrechen können (oder wollen). »Tonguecat« behandelt ebenso die Auswirkungen von Kriegen, die auch nachfolgende Generationen durch Erinnerungen oder zerstörte Familienverhältnisse beeinflusst.
Die Akademie Musiktheater Heute der Deutsche Bank Stiftung vergibt jährlich 15 Stipendien an junge Musiktheaterschaffende der Sparten Bühnenbild, Dirigieren, Dramaturgie, Komposition, Kulturmanagement und Regie. Höhepunkt des zweijährigen Akademieprogramms ist die gemeinsame Entwicklung des Abschlussprojektes, das im Rahmen des Festaktes präsentiert wird. Die Oper Frankfurtist langjähriger Kooperationspartner für den Festakt. Zudem vergibt die Deutsche Bank Stiftung seit 2008 Kompositionsaufträge für Neues Musiktheater an den künstlerischen Nachwuchs. Die Akademie Musiktheater Heute hat sich seit ihrer Gründung 2001 zu einer der wichtigsten Institutionen für den Opernnachwuchs entwickelt.
Weitere Informationen zur Akademie und ihrem Programm finden sich hier.